Das aktuelle Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts, welches eine "Pflicht" zum Besuch von Theater und Karnevalsfeier für ebenso postuliert "Schulpflichtige" zur gewaltsam durchsetzbaren Meinung kürt, wird entschieden angegriffen.
Dieses disputierend fiel mir eine Stelle im lesenswerten Buch "Die Pulvermühle", einer Kriminalgeschichte der großartigen Schriftstellerin Gertrud Fussenegger ein. Hatte ich doch den Verdacht, daß mein "Gegenüber in Sachen Kommentierung" weniger die Bedrängnis der zu Unrecht Gemaßregelten bewog, als vielmehr, die mir von der Generation unserer Eltern bekannte Verteidigung der modernen moralgewandelten Kirche, insbesondere in Deutschland. Irgendetwas fühlt sich bei ihnen immer verstört an, wenn die Errungenschaften des 2. Vatikanischen Konzils infragegestellt werden, wenn die Verweltlichung der Kirche Kritik erfährt.
In dieser Kriminalgeschichte, die um die Zeit des 2. Weltkrieges spielt, läßt die Autorin den Pfarrer Perwög nach dem Krieg sagen: "Es zieht etwas Neues herauf. Man nennt das geplantes Leben, Eigenverantwortlichkeit - oder wie immer. Ich denke oft, wie das wohl werden wird: der Mensch als Herr der Natur, auch als sein eigener Herr...Das kommt, ist nicht mehr aufzuhalten und vielleicht liegt es sogar in Gottes Plan." Und er fährt fort: "Die Kirche geht einer schweren Zeit entgegen. Sie wird sich entscheiden müssen, ob sie den neuen Menschen annehmen will oder nicht, diesen planenden, eigenverantwortlichen Menschen, den sie bis jetzt verdammt oder - wenn nicht verdammt, so doch abgelehnt hat. Sie wird lernen müssen, auf seine Gründe zu hören; nicht so, daß sie diese Gründe von vorneherein annimmt, das ist unmöglich, aber so, daß sie ihr Herz auftut und mitleidet, wo die Welt leidet, und sich mit anstrengt, wo sich die Welt anstrengt. Ich glaube, das wäre ein Weg."
Ich auch.