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8.9.08

Erlösungsgedanken: Staatsglaube auf den Finanzmärkten

Christian von Hiller trifft den Punkt, wenn er die Überzeugungen in die Marktwirtschaft infragegestellt sieht: der Staatsglaube feiert allenthalben feistfröhliche Urständ. Alles, selbst die Hausfrauentätigkeit, droht politischen Diktat unterworfen zu werden. Nicht nur die Familie und ihre Leistungen werden verstaatlicht, das Geld ist es schon. Und so wird der Staatsglaube eines erlösenden Erretters namens Staat nur solange weitergehen können, das Geld des Staates nur solange retten können, wie es selbst noch etwas wert ist. Die letzte Blase die zerplatzt, wird die Illusionsblase sein. Nun mag man einwenden, daß der Wert des staatlichen Geldes ja gerade durch Vertrauen in den Staat gedeckt ist. Aber nur von Vertrauen läßt sich nicht leben. Dazu gehört im entropischen Dasein der Welt immer die Wertschöpfung: Aus Nichts etwas erschaffen ist bisher nur einmal gelungen. Bedrucktes Papier und Kontozahlen auf Computern mögen vom Staatsglauben, vom Vertrauen in staatliches Geld getragen sein, ja, dieses Vertrauen hat einen Wert, der sich jedoch leicht ins Nichts auflösen kann. Daß tatsächlich eine Warenwertdeckung erforderlich ist, behaupten die Wortführer edelmetallgedeckten Geldes. Nun ist auch die Wertschätzung von Gold und Silber rein willkürlich, theoretisch kann auch diese gegen Null sinken. Nur tatsächlich ist in der Vergangenheit über Jahrtausende menschlicher Zivilisation das Gegenteil geschehen: Gold und Silber wurden wertgeschätzt, ja sie wurden sogar Geld - bis Staaten ihre "Bürger" zwangen, das Papiergeld ihrer Führer anzunehmen. Hier steht eine letztendlich erzwungene Wertschätzung gegen eine, die sich frei auf Märkten entwickelt hat. Auch hier gilt die Antagonie von Staat und Vertrag, von Befehl oder Markt. Die gewalttätigen politischen Führer haben sich in die Herzen von Finanz- und Wirtschaftsbossen geschlichen, sie alle leben auf Kosten der Untertanen. Oder ist es vielleicht umgekehrt: Die Finanz- und Wirtschaftsführer haben politische und staatliche Gewalt für sich entdeckt. Wir sollten sie wieder auf den Markt zurückrufen und Ihnen den Gebrauch von Steuern und Zwangsmaßnahmen, gar monopolisierter Gewalt, nicht länger erlauben.

Rothbard: Das Schein-Geld-System
Baader: Markt oder Befehl

29.7.08

Die perfekt geregelte Masse Mensch

Der Freiheitsfabrikant Stefan Blankertz schrieb vor einiger Zeit seine Gedanken über Verantwortung auf. Den Übergang von Verantwortung von der Person, vom Menschen auf Maschinen und Systeme mag ich dann doch lieber Verantwortungslosigkeit nennen, allein schon wegen der Effekte die dies zeitigte und noch zeitigt.

Das große Metasystem der sich so gerne aufgeklärt nennenden nachrevolutionären Zeit ist der Staat, die Vorstellung von Staatlichkeit, die Nutzung statt der Beschränkung der Staatsgewalt. Daß Staat wesentlich organisierte Verantwortungslosigkeit ist, kann leicht erkannt werden. Dabei geht die Tendenz im Moment zumindest im Westen in Richtung des Sowjetsystems, als einer Vorschriftengerierung aufgrund Expertise und Beratung. Dabei waren bisher eigentlich die Staaten erfolgreicher, die auf den Markt als Entscheidungsfinder setzten. Aber auch hier im System des Westens stehen Verantwortungslosigkeit und Erfolg in einem direkten Verhältnis: Die modernen juristischen Rechtspersonen sind durch Haftungsbegrenzungen bis hin zur Unangreifbarkeit gekennzeichnet, es gibt beispielsweise die Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder die Société Anonyme.
Nach der christlichen Vergebung hat nun die Säkularisation also die persönliche Schuld gleich mehr oder weniger abgeschafft. Es bleibt nur die neue “Urschuld” gegenüber dem Staat, ihn mit seinem - ebenfalls staatlichen - Geld zu bezahlen. Und es ist dieser Staat, der die Verantwortungslosigkeit lebt, vorlebt und auch im privaten sichert - im allgemeinen, im öffentlichen Interesse. Der Staat sind wir alle - und: sind alle schuld, ist keiner schuld. Deswegen müssen auch ausnahmslos alle mitmachen und Waldgänger (Ernst Jünger) werden nicht geduldet. Ihre Ausmerzung kennt keine rationalen Grenzkosten: Bis auf den letzten Mann hat alles im Staatlichkeitswahn (Blankertz/Goodman) sich einzufinden. Der Mensch ist im sozialen Netz gefangen und kaum noch Person. Obschon Individualisierungen erlaubt sind, so wie es auch “individuelle” Klingeltöne und Handycover gibt.
Für freiheitsliebende Personen und Renegaten ist das nicht genug. Es stellt sich nur die Frage, ob das neue System gut ist oder nicht. Vielleicht läßt es sich ja kybernetisch verbessern und immer perfektere Maschinen, Regeln und Strukturen entstehen. Ja, selbst das Renegatentum könnte als Opposition internalisiert werden, da kybernetisch unentbehrlich, wie es schon die Könige wußten, die sich Hofnarren hielten.
Es bleibt die Frage: Ist die Erfüllung des Menschseins die perfekt geregelte Masse Mensch? Hier die alte Sinnfrage zu stellen, verfehlt das Ziel. Denn die Sinnfrage zielt auf einen Schöpfer und einen Willen. Verantwortung ist eine Kategorie des Ichseins, nicht des Daseins. Aber wenn ich nicht bin, sondern nur ein Teil bin, ein Atom, ein Individuum, stellt sich die Frage nach dem Willen und nach dem Sinn nicht.
Es ist die Vorstellung einer Ebenbildlichkeit Gottes, die den Menschen aus dem Dasein ins Ichsein zu heben trügt.
Nach Johannes Schwartländer hat die Verantwortung eine „dreistellige Beziehung“:
- Allein der Mensch trägt Verantwortung
- für sein Handeln (also Entscheiden)
- vor einer Instanz (Gott als höchstem Richter)
Nun haben wir in Stefan Blankertz’ Betrachtung keinen Menschen mehr allein, Entscheidungen gibt es nur noch als Befolgung von Vorschriften und Gott ist tot.
Der Staat ist Masse Mensch, Befehlender, Verurteilender und Bestrafender zugleich. Dies zeitigt einen nie zuvor dagewesenen Absolutismus. Die Aufklärung beseitigte die absolutistische Monarchie, wohl, weil besser sichtbar, aber nur die Monarchie. Der Absolutismus feiert fröhliche Urständ. Nur ist diesmal keine Person mehr verantwortlich auszumachen: Kein Monarch, kein Aristokrat kann geköpft werden. Die Aufklärung verfängt sich im sozialen Netz, im demokratischen Sozialismus. Nicht vorhandene Schuld kann auch nicht gesühnt werden. Ziellos ist die Masse Mensch den ihr eigenen Dynamiken überlassen. Verantwortungslosigkeit verzichtet auf eine Beantwortung der Sinnfrage. Die Masse Mensch reiht sich ein in die Gesetzmäßigkeiten des Kosmos. Mehr ist da nicht. Das Leben hat keinen Sinn, sondern passiert einfach.

Liberté, égalité, fraternité ou la mort!
Réglementation, standardisation, bureaucratisation - c’est la mort!
(gefunden in: John Naisbitt, Mindset!)